2022: Jubiläum und neue Leitung
2022 konnten im Kursaal Bern 20 Jahre Obsan gefeiert werden, pandemiebedingt um ein Jahr verzögert. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war zweifellos der Auftritt von Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss, eine der Gründerinnen des Obsan. Des Weiteren waren auch dieses Jahr wieder die Langzeitpflege, der Fachkräftemangel, die Zulassung der ambulanten Leistungserbringer und die psychische Gesundheit wichtige Themen des Obsan, die auf reges Interesse gestossen sind. Insgesamt wurden im Jahr 2022 10 Publikationen erstellt. Das Auftragsvolumen hat mit 84 bearbeiteten Mandaten im Vergleich zu 2021 deutlich zugenommen, was unter anderem auf ein koordiniertes Vorgehen bei der Erstellung verschiedener kantonaler Cockpits zurückzuführen ist. Im Frühling wurde zudem die Leitung des Obsan neu besetzt, Marcel Widmer trat seine neue Funktion am 1. Mai 2022 an.
20+1 Jahre Obsan
Am Jubiläumsanlass haben die Rednerinnen und Redner in zwei spannenden Podiumsgesprächen sowohl in die Anfänge des Obsan zurückgeblickt (Ruth Dreifuss, eine der Gründerinnen des Obsan, zusammen mit Peter C. Meyer, dem ersten Obsan-Direktor sowie Thomas Zeltner, dem ehemaligen Direktor des Bundesamtes für Gesundheit BAG), wie auch ein Bild zur Rolle des Obsan in Zukunft entworfen (Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, Georges-Simon Ulrich, Direktor des Bundesamtes für Statistik BFS, und Linda Nartey, Vizedirektorin des BAG).
Das Team präsentierte anhand ausgewählter Projekte, wie das Obsan die Gesundheitspolitik von Bund und Kantonen unterstützt. Der Anlass wurde mit einem Schlussvotum von Stefan Spycher und von Monika Diebold, beides ehemalige Obsan-Leitende, beendet. Das Echo zur Veranstaltung war sehr positiv: ein gelungener, interessanter und unterhaltsamer Anlass.
Alter und Langzeitpflege
Die Entwicklungen in den Strukturen der Langzeitpflege werden durch die demografische Alterung der Bevölkerung vor grosse Herausforderungen gestellt. Im Frühling hat das Obsan Prognosen zum zukünftigen Bedarf in Alters- und Pflegeheimen, Spitex-Organisationen und bestimmten intermediären Strukturen publiziert. Diese sind auf reges Interesse gestossen und wurden in der zweiten Jahreshälfte in vielen unterschiedlichen Gremien präsentiert und diskutiert. Mehrere Kantone haben in der Folge eine Schätzung des künftigen eigenen Bedarfs mit dem neuen Obsan-Modell in Auftrag gegeben.
Betreutes Wohnen im Alter wird vermehrt als mögliche Alternative zum klassischen Pflegeheim gesehen. 2022 wurde eine Befragung lanciert mit dem Ziel, Informationen zu diesem statistisch noch lückenhaft abgedeckten Bereich zu erheben.
Gesundheitsfachkräfte
Mit der Umsetzung der Initiative für eine starke Pflege (Pflegeinitiative) ist der Bedarf an einer Ressourcenplanung von Pflegefachkräften gestiegen. Verschiedene Projekte im Auftrag der Kantone konnten erarbeitet werden, und ein Bericht zum Gesundheitspersonal in der Zentralschweiz im Auftrag der Zentralschweizer Gesundheitsdirektorinnen und -direktorenkonferenz (ZGDK) und der Organisation der Arbeitswelt Gesundheit XUND wurde publiziert.
Im Rahmen des Gremiums «Koordination der ärztlichen Weiterbildung» hat das Obsan in den letzten Jahren ein Simulationsmodell zur Ermittlung des zukünftigen Bestands und Bedarfs an Fachärztinnen und -ärzten in der Schweiz erarbeitet. Ein erster Ergebnisbericht mit Berechnungen für vier Fachgebiete zusammen mit Empfehlungen des Gremiums wurde 2022 publiziert. Im Juni 2023 folgen Berechnungen für weitere Fachgebiete.
Die regionalen Versorgungsgrade nach Fachgebiet dienen den Kantonen als Grundlage für die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich. Im Auftrag des BAG und in Zusammenarbeit mit BSS Volkswirtschaftliche Beratung erarbeitete das Obsan einen Bericht, welcher die Methodik beschreibt und die berechneten Versorgungsgrade für mehr als 30 medizinische Fachgebiete präsentiert. Der Bericht wurde zusammen mit der «Verordnung des EDI über die Festlegung der regionalen Versorgungsgrade je medizinisches Fachgebiet im ambulanten Bereich» im November publiziert.
Der Zugang zur medizinischen Versorgung ist ein wichtiges Kriterium der bedarfsgerechten Versorgung. Das Obsan hat eine Methode zur Analyse des Versorgungszugangs entwickelt und am Beispiel der Hausarztmedizin im Bericht Regionale Unterschiede im Zugang zur medizinischen Versorgung publiziert.
Gesundheitssystem
Die Ermittlung des zukünftigen Bedarfs als Antwort auf die Anforderungen der Spitalplanung bleibt eine Kernaktivität des Obsan. So wurden 2022 Mandate für 12 Kantone durchgeführt. Im Rahmen der hochspezialisierten Medizin wurden im Auftrag der GDK fünf Bereiche bearbeitet und zwei davon abgeschlossen. Ferner wurden an 15 Kantone Cockpits geliefert, welche die Kantone bei der Analyse der Patientendaten Spital ambulant (PSA) unterstützen.
Für die Studie Die Schweizer Spitäler in der Covid-19-Pandemie erforschte die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag des Obsan die Auswirkungen der Pandemie auf die Fallzahlen der stationären Gesundheitsversorgung.
Im Rahmen des «International Health Policy Survey» der Stiftung Commonwealth Fund wurden 2022 Ärztinnen und Ärzte in der Grundversorgung befragt. Das Obsan analysierte die Daten im Auftrag des BAG, die Publikation erfolgte Mitte Februar 2023.
Die Umsetzungsarbeiten im Hinblick auf den Relaunch des Schweizer Atlas der Gesundheitsversorgung sind in vollem Gange. Ein Artikel im Journal «Research in Health Services and Regions» berichtet über das Projekt. Die Publikation des Atlas im Rahmen eines Go-Live-Events ist für Anfang April 2023 geplant. Über 100 Indikatoren und rund 230 unterschiedliche Aspekte werden auf dieser Plattform abgebildet, darunter Themen wie Raten von Eingriffen im stationären wie ambulanten Bereich, aber auch Indikatoren im Zusammenhang mit Medikamenten (Impfungen, Antibiotika-Resistenzen u. ä.).
Psychische Gesundheit
Der Aufbau einer besseren Datengrundlage steht weiterhin im Fokus der Arbeiten im Bereich der psychischen Gesundheit. Im Auftrag des Obsan hat das Bundesamt für Statistik (BFS) zwischen September und November 2022 eine Omnibuserhebung zu psychischer Gesundheit durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Erhebung werden voraussichtlich ab Mai 2023 verfügbar sein.
Im Verlauf des Jahres konnten zwei Publikationen – beides Mandate des BAG – abgeschlossen und veröffentlicht werden. Der Bezug von Psychopharmaka in der Schweiz und konkret die Mengen, die Kosten, wer Psychopharmaka bezieht und wer sie verschreibt, standen im Zentrum des ersten Bulletins mit Schwergewicht auf dem ambulanten Versorgungsbereich.
Das zweite Bulletin beschreibt anhand weniger Indikatoren die aktualisierten Kennzahlen zum psychischen Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung, die Inanspruchnahme von Leistungen zur Behandlung psychischer Krankheiten und deren Kosten. Die Kennzahlen wurden aufgrund von Covid-19 erweitert und analysieren erstmals schweizweite Zahlen zu Hospitalisierungen aufgrund mutmasslicher Suizidversuche.
Kosten und Finanzierung
Die Verlagerung von Leistungen vom stationären in den ambulanten Sektor (Ambulant vor Stationär AvoS) birgt weiterhin ein Spar- und Qualitätspotenzial. Seit 2020 führt das Obsan im Auftrag des BAG ein Monitoring der Eingriffsgruppen durch, welche aufgrund der Einführung einer schweizweiten Liste ambulant durchzuführen sind. Die Ergebnisse dieses dritten Monitoring-Jahres wurden dem BAG übermittelt und die beiden Obsan-Indikatoren Ende 2022 aktualisiert. Das Monitoring wird noch bis 2025 fortgesetzt. Parallel dazu wurden 15 Cockpits AvoS geliefert, welche den Kantonen die Überwachung dieser Massnahme erleichtern.
Schliesslich wurde die in Deutschland verwendete Liste der Eingriffe, welche potentiell ambulant erbracht werden könnten, auf die Schweizer Codierung übertragen und hinsichtlich der Art der Eingriffe, der Mengen und dem Anteil bereits ambulant erbrachter Leistungen untersucht. Die Ergebnisse werden im Laufe von 2023 publiziert.
Gesundheitsberichterstattung
Zwei Publikationen (Bericht und Bulletin) zu Hör- und Sehbeeinträchtigungen gingen näher auf deren Verbreitung in der Schweizer Bevölkerung ein. Die Studie, die das Büro BASS basierend auf der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) im Auftrag des Obsan erstellt hat, dient als Informationsgrundlage für die öffentliche Gesundheit.
Die nächste Ausgabe des Nationalen Gesundheitsberichts (NGB) wird 2025 veröffentlicht und wird sich gezielt dem Thema der «Psychischen Gesundheit, Versorgung, Prävention und Förderung» (Arbeitstitel) widmen. Das Obsan erarbeitete in Zusammenarbeit mit dem Core-Team das Grobkonzept des NGB und tauschte sich über Inhalt, Struktur und Form des NGB 2025 aus.
Indikatorenmonitoring
Beim Indikatoren-Monitoring lag das Hauptgewicht auf der Aktualisierung der bestehenden Indikatoren. Das Monitoring-System Sucht und nicht-übertragbare Krankheiten (MonAM) des BAG wurde ebenfalls regelmässig aktualisiert und um vier neue Indikatoren erweitert. Aktuell stehen 113 Indikatoren zur Verfügung.
Kundenzentrum
Auch 2022 waren die Kantone wichtige Auftraggeber: Neu haben 19 Kantone mit dem Obsan einen Standardvertrag abgeschlossen, und gut vier Fünftel der total 84 bearbeiteten Mandate wurden durch die Kantone in Auftrag gegeben. Für den Bund wurden 2022 13 Mandate bearbeitet, aus denen vier Publikationen resultierten.
Beispiele für Kundenaufträge:
- Statistische Grundlagen für die Versorgungsplanung der Alters- und Langzeitpflege für die Kantone Luzern, Solothurn, Schwyz und die Stadt Bern
- Psychiatrische Klinikaufenthalte in Schweizer Städten, im Auftrag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft
- Analyse der Anzahl Curettagen im Kanton Tessin
- Machbarkeitsstudie und Konzept für einen Health Equity Report im Auftrag des BAG
Team
21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 17,1 Vollzeitstellen standen dem Obsan 2022 zur Verfügung, darunter eine Lernende (Stand Dezember 2022).
Nach einer viermonatigen Co-Leitung ad interim wurde Marcel Widmer per 1. Mai 2022 zum neuen Leiter des Obsan gewählt. Marcel Widmer ist ein langjähriger Mitarbeiter des Obsan, seit 2012 in der Geschäftsleitung und hatte seit 2017 die Co-Stellvertretung der Obsan-Leitung inne. Sonia Pellegrini übt weiterhin die Funktion als stellvertretende Leiterin des Obsan aus.
Finanzierung
Laufende Projekte
An diesen Themen wird 2023 gearbeitet: Laufende Projekte.